or unzähligen, längst vergangenen
Tagen gab es zwei Brüder auf der Insel Reykjajar.
Sie waren die einzigen Söhne von Thorfast und mehr als sein ganzer Stolz. Beide zog er auf, mit strengem Auge,
doch auch mit lachendem Herzen.
So wuchsen sie heran zu großartigen Mannen.
Stolz waren sie und stark, hünenhafte Gestalten mit krausen blondem Haar.
Aki, der Erstgeborene, war wahrlich ein gesegneter Reiter und begabt im Kampf mit dem Speere.
Bjalfi hingegen, war schneller zu Fuß als die Hirsche und keinen gab es, der ihm im Schwertkampf das Wasser reichen könnte.
Die Brüder liebten sich sehr, doch aus allem machten sie einen Wettstreit.
Auf Thorfasts Hof arbeiteten sie hart und versuchten sich gegenseitig zu übertrumpfen.
Sie sprangen, voll gerüstet, in glänzender Brünne über Fjorde.
Warfen Steine und Stämme weiter, als es ein Mann je gesehen hatte.
Und rauften sich, bis sie kaum mehr atmen konnten.
Doch in einem war Aki seinem Bruder voraus, er als Erstgeborener gebührte des Vaters Hof.
Bjalfi, getrieben von der Wut, seinem Bruder gar in etwas nachstehen zu müssen,
sprach Worte, die eines Wahnsinnigen gleich:
„Bruder, liebstes Herz und nahster Freund. Du weißt so gut wie ich und all die Asen hoch über uns, dass wir ewig im Streite leben und auch so sterben! Ich kann dich nicht gewinnen lassen über unseren Vaters Hof und fordere dich zu einem weiteren Wettstreit. Erklimm mit mir den grausigen Berg! Wer zuerst die Füße auf Vatnajökulls Spitze stellt, hat nur dann das Recht, mit Stolz zu sagen er habe das Erbe verdient!“
Vatnajökull war bekannt für seine kalte Grausamkeit und nie hatte es ein Mann geschafft ihn zu erklimmen, geschweige denn von ihm zurückzukehren. Viel böses sprach man über diesen seltsamen Berg, der Urgewalt und Götterhuld in einem war.
Aki sprach zögernd, „Wie kann ich dir und meinem eignen Herzen den Wunsch verwehren. Erklimmen müssen wir ihn, da du es gesagt hast- Denn feige sind wir nicht. Bei Odin und all den Asen!“
So war es, das beide Brüder sich aufmachten den Berg zu erklimmen. Thorfast wusste, dass dies der Männer Untergang war, aber mit stolzer Brust lies er sie ziehen. Denn wahrlich kann ein Mann nichts mutigeres versuchen.
Aki, gewappnet mit seinem Speer, ritt auf seinem Pferd, Átta,
während Bjalfi lief, in voller Brünne, mit seinem Schwert an seiner Seite.
Der Erstgeborene erreichte zuerst den Berg, sprang von seinem Pferd und machte sich auf den eisigen Riesen zu erklimmen.
Stunden später kam Bjalfi am Vatnajökull an und stieg hinauf ohne zu rasten. Aki, der schnell auf dem Pferd war wie ein Pfeil, kämpfte mit dem Berg, während Bjalfi ihm schnell folgte, als würde er über Steine springen und über die tiefen Klippen schweben.
Nun, nach Tagen ohne Rast, erreichten sie gemeinsam die Nähe der Spitze. Aki stellte sich vor den letzten Weg und nahm seinen Speer fest in beide Hände.
„Wir werden beide die Spitze erreichen, auch wenn ich kaum noch stehen kann…
Zurück schaff’ ich es nie, deshalb fordere ich dich zum Zweikampf! Jetzt und hier soll entschieden werden, wer der Stärkere ist, von uns beiden!“
Bjalfi, ausgehärmt aber in besserer Verfassung als sein Bruder, öffnete gerade den Mund um zu Antworten, als Aki ihn Angriff. Er zog in Windes Eile sein Schwert und verteidigte sich. Schlag auf Schlag wurde pariert und Hieb nach Hieb wurde ausgeteilt. Stunden kämpften sie, beschimpften sich in Atempausen und stürzten wieder aufeinander, wie hungrige Wölfe, die sich um ihre Beute streiten.
Als Nacht einbrach, entschied Aki den Zweikampf für sich und bohrte seinen gebrochenen Speer tief in die Brünne seines Bruders.
Bjalfi schrie auf und fiel. Dem Tod nahe sprach er, „Für unser eins, närrisches Paar wird Valhalla nie die Tore öffnen. Im Streit haben wir gelebt und nun werd’ ich auch im Streite fallen.“
Aki sah seinen Bruder sterben und ihm wurde klar, welch Fehler er begangen hat.
Die Tränen liefen ihm übers Gesicht und er nahm das Schwert seines Bruders und stieß es sich in die Brust.
So war es, dass beide Brüder kurz vorm Gipfel starben.
In unseren Tagen sagt man sich, dass die zwei Flüsse, die aus einer Quelle knapp an der Spitze des Vatnajökulls entspringen, die Tränen des Berges sind. Der kalte und grausame Vatnajökull weint um die zwei Brüder und ihren blut’gen Streit.
erzählt von Isegrimm Leifson