Fjoreholm! Wieder einmal. Nur die Götter wissen, warum die Lendermannen sich diese Burg von Hjassir dem Stier geliehen haben. Jeder weiß doch, dass der Stier eine Bande von Halsabschneidern ist. Jander, Mette und ich landeten in der Nacht an. Otra und Teilur würden auch noch kommen, aber von Süden mit befreundeten Händlern. Das letzte Jahr hatte uns viel abverlangt. Erik und Svölnir waren im Ronland. Zum einen, um Kjölva den Tod von Erk mitzuteilen und zum anderen um für Erik um eine Braut zu werben.
Es war dunkel am Strand. Der Sturm peitschte Regen über das Land, als wir drei den Weg vom Strand zur Burg empor klommen. Dieses Jahr gab es keine Hilfe. Nur ein einsamer Knecht wartete, um uns den Weg zu leuchten. Viel hatten wir nicht dabei. Wir reisten noch in Trauer und mehr der Notwendigkeit wegen, als zu protzen. Zu viele von uns waren daheim geblieben. Mühsam und beladen kamen wir nur langsam voran. Völlig durchnässt erreichten wir Fjoreholm. Mägde und Knechte bemühten sich um uns. Es gab einen Begrüßungstrunk und Essen nach Lendermannen Sitte. Fjoreholm besitzt mehrer Türme, aber einen großen in der Mitte der Mauern. In diesen wurden wir geführt und konnten uns einrichten. Das konnte uns nur recht sein, da man hier oben sicherer war, als in den unteren Etagen.
Kaum hatten wir uns erfrischt, als wir auch schon Leif Erik Holm die Aufwartung machten. Der Saal war festlich geschmückt. Man konnte es kaum glauben, aber Hjassir hatte alle Stier Bekundungen entfernt. Es prangten nun Lendermannen Banner von den Wänden und Leif Eriks Thron stand an dem Platz, wo sonst Hjassirs stand. Eine Schlange von Gästen hatte sich hier bereits eingefunden. Mir viel die Ehre zu, unser Familienbanner zu tragen. In der Warteschlange wurde schon viel gemunkelt. Zu lange hatten sich Familien und Freunde nicht gesehen. Die Hornwaller wussten zu berichten, dass der Hafen in Nyland überfallen worden sei, und dass es beim Thing zur Sprache käme. Da es um einen Heereshafen ging, konnte man die Schmach nicht auf sich sitzen lassen. Mehr konnten sie auch nicht sagen, denn schon lange hatte man keine Nachrichten mehr von dort erhalten.
Nach dem Empfang rief Erik den Thingfrieden aus. Man hatte nun Zeit alle Freunde zu begrüßen. Sture und die Svartinge, die Hornwaller, die Wallwyker und Sina aus der Riddermark. Sie alle waren gekommen. Es tat gut zu sehen, wer noch lebte. Gleich darauf ging es in die Schenke der Lendermannen. Es schien, als würde Jander seine ganze Last des letzten Jahres vergessen. Er trank und feierte, sogar mit den Leuten die er nicht mochte. Nach einiger Zeit führten mich meine Schritte in die Rauchstube. Dort traf ich auf die Leute des Stieres. Hyglak begrüßte mich an seinem Tisch, an dem auch die Elbendeligation saß. Hier konnte ich einige interessante Gespräche führen. Da Hjassir nicht anwesend war, öffneten sich die Mannen mir gegenüber, und es stellte sich heraus, dass sie sehr viel von Jander hielten.
Der Abend wurde spät und die Rauchstube leerte sich. Ein Knecht des Stieres wollte die Teestube schließen und merkte, dass er keinen Schlüssel hatte. Er verließ die Rauchstube und bat mich und die verbliebenen Elben doch aufzupassen. Kurz darauf vernahmen wir ein Knurren, dann folgten Schreie. Ich hatte wegen dem Thingfrieden nur einen Sax, die Elben waren gänzlich ohne Waffen. So zog ich die Waffe und rannte in die Nacht. Der Knecht lag blutend am Boden. Zerbissen und gerissen von einem Tier, dass konnte man sofort sehen. Ich schleppte ihn in die Rauchstube, dort versorgten ihn die Elben. Keine Wachen waren zu sehen. Wo eine Heilerin herbekommen? Durch Zufall sah ich einen Mann des Stieres vor die Tür treten. Ich rief nach ihm und in kurzer Zeit rannten die Mannen des Stieres zusammen und kümmerten sich um den Knecht. Gerade als sie den Jungen wegtragen wollten, kam das Tier zurück. Es bewegte sich schnell und in der Dunkelheit konnte man es nicht genau erkennen. Es verschwand, aber alle hatten es gesehen. Ein Wehrwolf? Warum tat der Gastgeber nichts.
Der nächste Morgen. Ich erwachte. Beim waschen bemerkte ich, dass noch das Blut des Knechtes an meiner Hand klebte. Diese Sache würde bestimmt auf dem Thing zu sprechen kommen. Noch vor dem Essen machte ich mich auf, um nach Spuren zu suchen. Ich fand Mannsgroße Wolfsspuren. Die Göttersteine auf dem Burgplatz waren umgestoßen worden. Was war das nur für ein Wesen? Beim Frühstück erzählte Sina von der Riddermark, dass nicht nur der Knecht angefallen worden wäre, man hätte auch Hände von anderen Opfern gefunden. Dazu merkwürdige Runen, an dem Haus des Stieres. Die nächste Aufregung folgte. Da traditionell Markttag war, wollten die Händler ihre Stände aufbauen. Hjassir kassierte 3 Silber pro Schritt. Ich konnte ihn auf ein Silber drücken. Der Markt würde nach der Mittagsstunde stattfinden. Die Mannen vertrieben sich ihre Zeit mit Bogenschießen und anderen Spielen. Ich wurde gewahr, dass auch eine Frau der Wallwyker angefallen worden war. Alles berichtete ich Jander und Mette. Sie dagegen berichteten, dass eine Neue Gruppe, die Sölderlinge ärger machten. In der Nacht hatten sie einen Streit mit Jander provoziert und versuchten ihm den Sax zu stehlen. Jander wollte das auf dem Thing zur Sprache bringen.
Der Markt war bunt, und voller Menschen; so wie immer. Die Händler hatten sich mit Hjassir mehr oder minder geeinigt. Doch die Stimmung unter ihnen war noch gereizt. Ich machte gute Geschäfte, doch ein Grimmen durchfuhr meine Glieder. Hatte ich mir beim Knecht eine Krankheit eingefangen. Es wurde schlimmer und Spjotholm schlug wieder mal so hart zu, dass ich krank danieder lag. Jander und Mette mussten nun alleine zum Thing gehen.
In der Nacht trafen Otra und Teilur mit ihren Kindern ein. Sofort kümmerte sich meine Cousine um mich. Auch Vakka ihre älteste Tochter bemühte sich um mein Wohlergehen. Dann brachen sie zum Thing auf. Was ich jetzt niederschreibe, habe ich nur vom Hörensagen.
Auf dem Thing ging es hoch her. Die Lendermannen mussten sich für die schlechte Bewachung rechtfertigen und für die Wallwyker Frau zahlen. Hjassir stellte keine Ansprüche, er wusste wohl mehr als wir alle. Aber er wurde wegen seiner hohen Steuern angegangen und das Thing setzte die Höhe fest. Hjassir war wutentbrannt und sagte, dass das Thing des Heeres nicht dazu berechtigt wäre und erkannte den Urteilsspruch nicht an. Wenn man so weiter machen würde, gäbe es kein Thing mehr auf Fjoreholm. Damit nicht genug. Ein Bauer trat vor die Mannen und beschuldigte Hjassir des Unrechtes. Er hätte ihm zu Unrecht alles genommen. Auch hier wollte das Thing sprechen, doch Hjassir stellte fest, dass keiner ihm auf seinem Land etwas zu sagen hätte, was er zu tun oder zu lassen hätte. Darauf forderte der Bauer ihn zum Holmgang. Das konnte er nicht ablehnen. Es war eine Sache der Ehre. Am Nächsten Tag wollten sie es ausmachen. Jander brachte Anklage gegen die Sölderlinge vor, dass sie den Thingfrieden gebrochen hätten. Auch hier ging der Streit hoch her. Doch Sture vom Hardaskjöld, der Thingsprecher war, verfügte das Jander im Recht sei. Die Strafe fürs Ehrenlose reden, war Maulauswaschen und fürs Schwertziehen sollte ein Arm gebrochen werden. Damit ging der erste Thingtag zu Ende. Man berichtete mir, dass Jander sich in der Nacht mit den Sölderlingen einigte und es bei einer Entschuldigung belassen wollte.
In der Rauchstube wurde weiter heiß um die Themen geredet. Zum einen waren sie nicht mit Sture vom Hardaskjöld als Thingsprecher einverstanden, zumanderen blieb die Frage, was ist mit Nyland, wer stellt sich zur Heerkönigwahl. Bis spät in die Nacht wurde geredet, aber auch gefeiert. Die Sölderlinge zeigten, dass sie nichts dazu gelernt hatten. So geriet einer mit Otra aneinander. Im Zuge eines heftigen Wortwechsels, kniff er ihr in die Wange. Er meinte, was die kleine Magd wohl mitreden wolle. Kurz danach schoss Schmerz durch seine Hand und er kniete mit Tränen in den Augen vor ihr. „Ich bin Otra, die Völva des Heeres und Jander meinen Herrn hast du ja schon kennen gelernt“, waren ihre Worte und der Sölderling eilte davon.
Der nächste Tag brach an. Mühsam erhob ich mich von meinem Krankenlager. Die Burg schlief und ich wollte mich erfrischen. Auf dem Weg zu den Waschräumen, hörte ich ein schnaufen und poltern. Ein Bär war in die Burg eingedrungen. Wo waren die Wachen? Nur knapp konnte ich den Klauen ausweichen. Ich eilte zu meinen Waffen und schlug Alarm. Teilur sprang aus dem Bett, um mit seinem langen Schwert, sein Lager zu verteidigen. Ich schlug auf den Bären ein. Das Tier erwischte mich mit den Klauen an der Brust. Andere Krieger eilten mir zu Hilfe und gemeinsam brachten wir den Bären zur Strecke. Myrzel eine Heilerin kümmerte sich um meine Wunden und wieder lag ich danieder.
Folgendes wurde mir Zugetragen, es sind nicht meine Erinnerungen die ich ab hier niederschreibe.
Ein Wolfswesen wurde gesichtet und von Jägern zur Strecke gebracht. Der Knecht des roten Stieres erholte sich gut. Hjassir stellte sich dem Holmgang und gewann. Er tötete den Bauern nicht, sondern nahm ihn gefangen. Die Männer übten sich in Wehrübungen und das Thing brach in den Abendstunden an. Sture war abgesetzt und Widukind leitete nun das Thing. Schnell kam das Thema Nyland auf den Tisch. Die Hornwaller berichteten von den letzten Meldungen aus Nyland. Der Hafen war gefallen und die Bewohner in alle Welt zerstreut. Zurzeit kamen kaum noch Nachrichten an. Einige Sippen fürchteten um ihre Angehörigen die in Nyland lebten. Schnell wurde sich das Thing einig. Das große Heer würde dieses Jahr nach Nyland ziehen. Man wollte Rache und Vergeltung. Die Frage blieb, wie man vor Ort vorgehen wolle. Auch erwartete man, dass angehende Kandidaten für die Heerkönigschaft sich durch ihre Reden zu erkennen geben würden. Jander hielt eine flammende und zornige Rede. Er teilte dem Thing mit, dass er nicht auf Heerfahrt gehen würde, sondern in den Krieg. Noch andere sprachen hitzige Reden, aber mehr kam nicht dabei heraus. Keiner hatte sich als Kandidat zu erkennen gegeben. Man würde also auf die Heerfahrt warten müssen. Mit Zornesrufen nach Rache und Blut, verging der letzte Tag des Things. Es wurde in den Tavernen gefeiert und auch die Skalden traten zum Wettstreit an, doch über allen lag die düstere Ahnung, was den Sippen in diesem Jahr bevorstehen würde.
Im Morgengrauen, verließen wir Fjoreholm. Mir ging es schlecht und nur mit Hilfe von Teilur und eines Knechtes, schaffte ich es bis zum Strand. Erst auf hoher See und durch das beruhigende Schaukeln der Wellen, wurde mir ein wenig besser. So fuhren wir mit der Kriegskunde nach Hause. Dieses Jahr würde viel Blut fließen.
Bericht von Olaf Karguson