Ächzend legt sich der Bug der Sjorulfur auf den Kies des Bjandarviks. Ein erlösender Seufzer nach einer langen Reise. Eine Planke wird von der Reling hinausgeschoben, dann folgen die vier Träger. Stumm tragen sie dich, in Tüchern gebunden und auf Schilden gebettet, den Hang hinauf zum Langhaus des Hersir.

Ich folge ihnen, trage dein Schwert, Helm und Schild. Schon kommen uns die Männer vom Hof entgegen geeilt, wollen uns zujubeln, verstummen jedoch beim Anblick der Träger. Sie neigen ihre Häupter als wir sie passieren, dann machen sie sich auf zum Strand, dass Schiff muss aufs trockene gelegt werden.Wir betreten den großen Saal, die Männer legen dich sanft auf den Boden ab, dann gebe ich dir deine Waffen wieder zurück, du wirst sie brauchen. Schweigend stehen wir um dich herum, hoffen dass du aufstehst und dich wieder in die Reihen der Ylfinge stellst, doch du bist schon lange tot.

Myras brachte dir kein Glück. Hättest nicht zurückkehren dürfen, nach allem was auf unserer ersten Fahrt passiert war. Ich stehe neben dir und erinnere mich wieder zurück an den Abend als wir das Dorf nach langer Fahrt erreichten. Jander, Svölnir, Olaf, Thorleif, Finn, Nanna, Mette und wir beide waren aufgebrochen, um zu sehen, was sich in unserer Abwesenheit im Lande getan hatte. Verlassen und still war es um uns rum, das Land gebettet unter einem dunklen Schatten. Misstrauisch trat man uns gegenüber als wir das Schankhaus betraten, die Gastfreundschaft vom letzten mal, so scheinheilig sie auch war, gab es nicht mehr. Man verdammte jeden Fremden und gab uns die Schuld am Leid, das das Land ereilt hatte, nachdem der alte Baron von uns getötet wurde. Langsam füllte sich der Schankraum und wir fanden heraus, was nach unserem letzen Besuch im Lande vorfiel. Die Bauern waren am hungern und verarmt, der Boden ließ das Korn nicht mehr wachsen, der Frost stahl dem Vieh die Jungen und den Neugeborenen war kein Leben gewährt.

Kurz bevor die Nacht weichen sollte, bat ein gerüsteter Krieger um einen Platz an unserem Tisch, um Jander ein Angebot unterbreiten zu dürfen. Er erzählte uns, dass er eine junge Zauberin begleiten würde, welche es sich zur Aufgabe gemacht hätte, das Land vom Fluch zu erlösen. Er bot einen Sack Silber, wenn wir ihr Ritual beschützen würden, denn scheinbar fehlte es an gerüsteten Kriegern, die sich dieser Aufgabe hätten annehmen können. Wir hatten beschlossen, das Angebot anzunehmen, da wir davon ausgingen nicht sehr viele Gelegenheiten zu bekommen, um unsere Säckel zu füllen. So machten wir uns auf zu einem mit Runen bestickten Stein, an dem der Zauber gewirkt werden sollte. Der Krieger hatte anscheinend noch einige Söldner anheuern können, deren Ausrüstung und Disziplin jedoch zu wünschen übrig ließ. So waren es also nur die Nordleute, die den Kreis beschützen sollten, wachsam in die tiefe Nacht starrend, um jedem Feind entgegen treten zu können. Doch sollte die Gefahr nicht aus dem Dunkel vor uns, sondern aus dem Lichte hinter uns kommen. Die Zauberin beschwor die Mächte um sich herum, um einen üblen Zauber wirken zu können und sich die gefallenen Krieger zu ihrem Zwecke zu beschwören.

Während die Söldner gleich blinden Schafen durch die Gegend taumelten, sammelte Jander die Mannen um sich herum, auf das niemand von uns dem Feind zum Opfer fallen sollte. Dieser kam von allen Seiten auf uns zu, gefallene Krieger und tote Hexer, zu neuem Leben erwacht. Um uns rum erwachten die Schreie von Verwundeten und der kalte Ton von Stahl der aufeinander prallte. Davon beseelt, begann das Blut voller Kampfeswut in uns an zu brodeln und wir rannten dem Feind entgegen. Einer Woge aus Schwertern und Äxten gleich rollten wir über die ersten Feinde hinweg und an ihrer Spitze tobten wir beide, wen ich nicht erschlagen konnte, der wurde Opfer deines Schwertes und wer dir entkam, wurde von meiner Axt niedergestreckt. So vernichteten wir Ylfinge die vermeintliche Gefahr, die von der Hexerin ausging. Dachten wir zumindest.

Unverletzt machten wir uns auf dem Weg zurück ins Schankhaus, um unsere Taten zu begießen und um das Zaubererpack zu verfluchen. Doch sollte unsere Feierlaune schnell vergehen, denn das Land war nun besetzt vom wandelnden Tod und Widergänger durchstreiften das Dorf. Wir erschlugen noch viele die sich zu uns verirrten, angetrieben von ihrem Hunger und dem Willen ihres Meisters, doch versiegte ihre Anzahl nicht. So hatten wir nur noch Hoffnung im Tageslicht, welches die Schatten vertreiben würde. Wir machten uns also auf in die Herberge und verstärkten die Türen, damit wir nicht überrascht werden konnten und unsere Kräfte im Schlaf neu sammelten. Jedoch währte unser Schlaf nur kurz, denn auch wir lockten den Hunger der Toten und unsere Tür war nur ein kleines Hindernis für sie, im Gegensatz zu unseren Waffen. Unsere Schläge zerstachen ihr Fleisch und unsere Hiebe brachen ihre Knochen, doch waren sie uns in Zahl überlegen und allmählich machte uns die Erschöpfung zu schaffen. Uns verließ die Kraft und die Toten, denen unsere Schläge immer weniger ausmachten, drangen auf uns ein, stürzten sich auf uns und verletzten uns allein mit ihren Händen und Zähnen. Aber wir bezwangen sie, verriegelten erneut die Türe und ließen die gerufenen Heiler unser Wundfieber heilen. Nun wollten, nein brauchten wir Schlaf, denn unsere Kräfte waren am Ende. Nur Thorleif hielt aus und versprach die restliche Nacht über uns zu wachen.

Der Schlaf kam schnell und schwer über uns und doch schien er genauso schnell wieder zu gehen. Es war Thorleif, der uns weckte, alarmiert von Hilfeschreien aus den anderen Hütten und besorgt, über den kalten Griff, der scheinbar unsere Herzen zerdrücken wollte. Wer laufen konnte, stürmte von uns in die Nacht und ohne mich umsehen zu müssen wusste ich, dass du neben mir liefst. Wir erreichten die Hütten und erblickten eine große dunkle Kreatur, die selbst mich um Haupteslänge überragte und mit Lumpen umwickelt war, neben ihr ein Widergänger, welcher immer noch seine alte Rüstung an sich trug. Einige Tapfere lagen erschlagen um sie und winselten um Hilfe und Erlösung. Ohne Angst und mit Zorn erfüllt stürzten wir uns auf die Wesen, drangen auf beide ein, jeder unserer Schläge gut gezielt. Doch während der Widergänger fiel, hielt der Riese stand und griff uns an. Der Rückzug lag uns auf den Zungen, bis eine junge Frau mit einer geweihten Waffe sich in den Kampf einmischte und die Bestie verletzen konnte. Sie schrie auf und wendete sich von uns ab, um die Peinigerin zu erschlagen, welche Mühe hatte, die wilden Hiebe zu parieren. Ohne darüber nachzudenken, packte ich mein Schild und rannte auf die Bestie los, um es niederzuringen, damit es abließ. Die Tat ging auf und die Bestie fiel, doch zog es mich mit. Schwer schlug ich auf, der Untote über mich gebeugt und darauf aus mich zu töten. Seine Krallen gruben sich in meinen Körper und seine Bisse rissen mir tiefe Wunden. Die Zeit verging langsam und ich sah mich bereits in Walhall sitzen, als es endlich von mir abließ und über mir zusammenbrach. Als ich die Lider wieder geöffnet hatte, sah ich dich die Bestie zu Seite schieben, um mich dann mit den anderen zusammen ins nächste Haus zu tragen. Der ersehnte Schlaf umfing mich noch auf dem Weg, doch gab es keine Erholung, denn ich wurde von Alpträumen geplagt.

Ich erwachte gegen Mittag, geweckt von einem brennen in meiner Brust. Meine Wunden waren zwar verbunden worden, doch eiterten sie stark und das Fleisch färbte sich bereits dunkel. Thorleif, der sich von seiner Nachtwache erholte, erklärte mir, dass die Heiler ihr bestes getan hätten, um mich zu retten. Doch hatte ich einen stark Fluch auf mich geladen, der mich in einem halben Tag selbst zu einem schrecklichen Wesen verwandeln würde. Jedoch kannten sie ein Rezept für einen starken Trank, der mir helfen sollte. Während ich noch darüber nachdachte, ob ich jemals wieder unsere Insel betreten würde, kamst du hinein. Deine Kleidung besudelt von grünen Blut, das Blut der Goblins, Orken und Trolle, die ihr seit dem Morgengrauen gejagt hattet, da sie das Dorf in der Frühe angegriffen hatten. Du erzähltest uns, dass die Heiler nun aufbrechen wollten, um die nötigen Kräuter zu suchen und Wasser aus einem heiligen Brunnen zu holen. Du versprachst schnell wiederzukommen und warst nicht überrascht als ich zu dir meinte, dass du dein Versprechen behalten könntest, da ich mitgehen würde, denn lieber wollte ich im Kampf bei meiner Sippe sterben als auf dem Krankenbett zum Monster zu werden. Da meine Beine es gerade noch schafften mein eigenes Gewicht zu halten, ließ ich meine Rüstung in der Truhe und begnügte mich allein mit meiner Axt. Der Pfad war lang und es ging nur langsam vorwärts, was auch an mir lag, der bei den Frauen und Schwachen marschieren musste, um nicht im Wege zu stehen, sollte es zum Kampf kommen. Doch waren es viel mehr Fallen, die uns das Leben schwer machten und von Svölnir und Thorleif beseitigt worden. Dann hörten wir sie endlich. Das tiefe grollen der Trolle und das Gegackere der kleineren Goblins. Anscheinend hatten die ein Lager in der Nähe des Brunnens aufgeschlagen, um von dort aus das Umland zu plündern.

Schild an Schild gereiht marschierten die Ylfinge dem Feind entgegen, nur ich musste zurückbleiben und dem Schauspiel zuschauen. Während die Goblins, trotz ihrer Gerissenheit, wie die Fliegen erschlagen wurden, standen die Trolle lange und manchen gelang es sogar die Reihen der Männer zu durchbrechen, was ihnen jedoch nur einen noch schnelleren Tod bescherte. Als der Waffenlärm verklang war der Boden schlammig vom Blut der Geschöpfe und wir mussten über die Leichen steigen, da sie kreuz und quer im Wald verstreut lagen. Die Kräuterkundigen fanden schnell die benötigten Pflanzen und auch das Wasser war rasch besorgt, als ein dumpfes Brüllen unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Neue Monster kletterten über ihre gefallenen „Freunde“ und auf uns zu. Zu ihrem Pech jedoch gaben sie uns genug Zeit, den Schildwall wieder aufzustellen und ihren Angriff abzufangen. Keiner der Krieger wich einen Schritt zurück und sie schoben die Feinde vor sich her, zurück in den Wald, um sie dort niederzumachen. Jubelschrei klang kurz auf, um schnell wieder zu verebben, denn wir vermissten Thorleif – den hatten die Monster mit sich genommen, um uns von unserer sicheren Stellung wegzulocken, in der ihre Übermacht keinen Wert darstellte.

Obwohl der Plan der Goblins klar war, mussten wir drauf eingehen, so befahl Jander allen Verletzten und Kampfunfähigen den Rückzug, um mit den Übrigen Thorleif zu retten. Ich beugte mich Janders Befehl, auch unter Protest, denn ich merkte, dass meine Zeit bald zu Ende gehen würde und ich wollte nicht als Feind meiner Sippe gegenübertreten. Wir gingen und nach kurzer Zeit begannen die Wutschreie und der Waffenlärm von Neuem. Ich blickte kurz zurück und bemerkte einen Helm, der in der Sonne aufblitzte und dessen Träger den Monstern in den Rücken zu fallen schien, dann verschwand er. Die Stunden vergingen und mit jeder die verstrich, brannte mein Leib heißer und mein Herz schlug langsamer. Ich hatte mein Sax bereit, um mich notfalls selbst zu durchstoßen, sollte der Fluch nicht brechen. Doch die Tür öffnete sich und die restlichen Ylfinge kamen hinein, verwundet allesamt, doch Thorleif in ihrer Mitte. Danach war es nur eine Frage der Zeit bis die Heiler, von Jander und dir angetrieben, eine Paste mischten, die meine Wunden verschloss, das Feuer löschte und meinem Herzen neuen Anstoß gab.

Wir tranken auf unsere gewonnen Kämpfe und auf das ich ein Mensch geblieben war. Ausgelassen war die Stimmung bei uns und wir bemerkten nicht, dass die anderen Leute um uns in wilder Aufregung waren bis eine Frau schrill heulend unsere Aufmerksamkeit erregte. Sie flehte uns an, ihr zu helfen und ihre Herrin zu retten, welche eine reisende Händlerin war und von Orks und Goblins geraubt wurde. Ermutigt durch unsere Siege und auf einen schnellen Kampf aus, kamen wir ihrer Bitte nach und brachen sofort auf, ohne Rüstung nur mit Waffen und Schilden belastet. Die Spur war schnell gefunden und wir nahmen die Jagd auf, doch konnten wir die Entführer nicht mehr einholen. Wir folgten der Spur weiter und erreichten ein kleines Pfahldorf, das Hauptlager der Bestien. Die Händlerin war an einem Altar gebunden und schrie um Hilfe, während eine Schamanin über sie gebeugt, ein Ritual vorbereitet. Die Orken kamen aus den Hütten gerannt und uns entgegen. Gemeinsam stritten wir und hackten auf sie ein, schlugen Schädel ein, zerfetzen Beine und Arme und schlitzen Bäuche auf. Ein jedes Tier fiel, dass es wagte zwischen uns zu kommen, auf unserem Weg zum Altar. Doch sollten wir beide diesmal nicht siegreich sein.

Ein Ork im Blutrausch entzweite uns und stürzte sich auf dich, während ich mich gegen den Zauber der Schamanin erwehren musste. Du wurdest immer weiter von mir abgedrängt und ich verlor die Übersicht. Ich zog mich zurück, suchte nach dir, als mich eine unsichtbare Faust traf. Verwirrt schaute ich mich um, es war weder ein Zauber noch eine Klinge die mich traf und mir so einen fürchterlichen Schlag versetzte. Dann griff mich dein Feind an und ich begann langsam zu verstehen. Der Blutrausch des Monsters traf auf meine unbändige Wut, weder er noch ich merkten den Schmerz, den uns die Hiebe des anderen brachten. Lange wogte unser Zweikampf, wie es mir schien, bis der Gegner sich vorbeugte und mir ins Bein stach. Den Schmerz ignorierte ich und nutze die offene Deckung des Feindes, mit einem Hieb trennte ich seinen Kopf vom Halse. Blutend stand ich über den Erschlagenden und bemerkte zu spät den Keulenschlag des Trolls, der mein erhobenes Schild zerschlug und mich gegen einen Baum schleuderte. Leicht benommen ging ich zu Boden und starrte mit offenen Augen in den grauen Himmel. Wenig später erkannte ich Jander, der über mich gebeugt, nach meinem Zustand fragte. Anstatt ihm zu antworten, fragte ich ihn nach dir, wollte wissen, ob man dich schon verbunden hätte. Jander sengte den Blick und sah mich traurig an, dann wusste ich was die unsichtbare Faust bedeutete.

Wortlos lag ich auf der Erde, merkte nicht die Heiler die meine Beine verbanden und meine Augen füllten sich still mit Tränen und einer Antwort gleich, begann der kalte Regen einzusetzen und auf meinem Gesicht niederzugehen. Die Männer hoben mich von der kalten Erde auf und führten mich zurück in unsere Stube. Jander bettete dich auf dein Lager und sie begannen sofort dich in trockene Tücher zu wickeln, denn uns allen war klar, dass du in deiner Heimat zur Ruhe gelegt werden solltest. Ich hielt die erste Wache, da ich keinen Drang verspürte irgendetwas anderes zu machen, weder auf dein Wohl zu trinken als noch Streit zu suchen.

Wir verließen Myras am nächsten Tag zurück nach Reykjajar. Was am Abend noch geschah, soll jemand anderes erzählen, denn du warst nicht mehr dabei und lagst still auf deinem Lager, auf die Botinnen Odins wartend.

verfasst von Erik Holgerson