Die Fahrt nach Framien war ruhig verlaufen. Die See zeigte sich glatt und schön von ihrer besten Seite. Eine sanfte Brise ließ den Wellenfuchs an den Strand Bernheim laufen. Die Männer zogen das Boot gerade an Land, als auch schon Framier angelaufen kamen. Es waren Knechte vom Hofe Bulgarts, die mit den Unfreien der Ylfinge die Fracht, Zelte und Kisten entluden und zum Hof brachten. Es war schon dunkel, als wir Olaf, Diana, Leana, Hillevi und Thore uns mit einem framischen Knecht aufmachten den Hof zu erreichen. So lange hatte das entladen gedauert. Die Männer schritten an den Seiten der Frauen, die mit Fackeln den Weg beleuchteten. Thore als Freund der Familie fiel die Ehre zu, dass Banner zu tragen. So schritten wir durch die dunklen und dichten Tannenwälder von Framien. Tauwetter hatte die Wege in glitschige Schlammrutschen verwandelt und es ging nur mühsam voran. Nach einer Weile des Marsches, sahen wir Lichter vor uns im Wald.
„Heda!“ Riefen wir den Leuten zu. Doch sie sprachen nicht die Sprache der Ylfinge und so versuchten wir es in der Sprache der Mittelande. Wir bekamen Antwort. Es waren andere Framier, die durch das Land gingen zu Bulgarts Hof. Sie waren geladen an der Hochzeit teil zu nehmen. Unter der Gruppe verweilte auch Thorgram, der Bruder Bulgarts. Die Begrüßung war herzlich und zusammen unter der Führung von Thorgramm gingen wir durch den Wald, bis wir endlich den Wachturm erreichten. Schließlich erreichten wir nach einer Überquerung eines Bachlaufs auch den Hof von Bulgart. Laternen zeigten uns den restlichen Weg und am Ende erwartete uns Bulgart mit einem strahlenden Lächeln.
Er erkannte sofort das Banner der Ylfinge. Ich begrüßte ihn und sprach im Namen der Zuhausegebliebenen unseren Dank und Grüße von Jander Skaflocson aus. Die Framier wohnen in Sippenverbänden, ähnlich den unseren auf Reykjajar. Ihre Langhäuser sind den Wäldern Framiens angepasst. Herzlich wurde die Sippe im Langhaus von der Braut empfangen. Das Banner und die Schilde bekamen einen Ehrenplatz. Wir durften zur Rechten Bulgarts Familie sitzen, noch vor den anderen Gästen. Sofort eilten Mägde und Knechte herbei und brachten Getränke und Speisen. Es wurde die erste lange Nacht, die wir mit essen, saufen, singen und Geschichten begangen. Die Langhäuser der Framier ähneln auch innen den unseren. Ein großer Raum, in dem alle sitzen und Essen können. Die Mägde und Verwandten können am Feuer schlafen. Der Hausherr hat für sich und seine Frau einen abgetrennten Raum. Wir bemerkten, dass auf einmal alle Knechte verschwunden waren. Darüber wunderten wir uns sehr, bis der keltische Gode uns erklärte, dass die Knechte eine heilige Pflanze suchen sollten, die nur Nachts blüht und für das Hochzeitsritual von Nöten wäre. Die Knechte kamen aber unverrichteter Dinge zurück, ein Bär hatte sie angegriffen und anstatt ihn zu erlegen, hatten sie ihn nur verletzt. Dafür wurden sie vom Herrn gescholten. Es wurde trotzdem weiter gesungen und gelacht. Bulgart und ich tätigten einige Geschäfte und auch anderen Framiern konnte er seine Ware anbieten. Diana gewann beim Würfeln und freute sich sehr. So verklang der erste Abend.
In der Frühe konnte man das erste Mal das Land besser sehen. Tiefe endlose Tannenwälder umgeben die Höfe der Framier. Darum fühlen sie sich mit dem Wald auch sehr verbunden. Man traf sich im Langhaus und wieder waren die Tische bis zum bersten mit Köstlichkeiten bedeckt. Leider befiel Hillevi nach dem Essen das Magengrimmen und man legte sie nah ans Feuer. Die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Framier war grenzenlos. Sie bemühten sich um die Kranke. Sofort wurden zwei Boten auf schnellen Pferden gesandt, um von den Heilern Kräuter zu holen. Den weiteren Tag verbrachten die Männer mit Kampfübungen und Bogenschießen. Zur elften Stund trafen sich die Frauen lachend und schwatzend in der Schwitzhütte ein. Kräuteraufgüsse und Massagen, sollten die Braut wohlgefallen machen. Wir Männer trafen uns zur Eberhatz. Diese sollte das Blut des Bräutigams in Wallung bringen. Wie es bei den Framier üblich ist nur mit Sax und bloßen Händen. Worauf ich meinen Bogen weglegen musste, um nicht als Feige zu gelten. Der Gode sprach heilige Worte und dann machten wir uns auf. Es wurde eine kurze Treibjagd, denn schon nach kurzer Zeit hatte Reifur, ein Knecht, die Sau zur Strecke gebracht und durfte sich den Schweif anstecken. Er musste allein und ohne Hilfe die Sau zurücktragen. Was mich und den Herrn des Knechts zu einer kleinen Wette anregte. Es wurde gewettet, dass der Knecht es nicht schaffen würde, mit der Sau auch noch 20 Kniebeugen zu machen. Ich verlor die Wette, aber das Silber gab ich gerne. Auf dem Weg nach Hause gestanden mir die Männer, dass sie nie gesagt hätten, dass ich feige sei. Sie hätten sich nur über den Bogen gewundert.
Nach der Heimkehr machten sich alle bereit für das Hochzeitsritual, dass bei den Framier so aussieht. Die Ehrenwache, zwei der mutigsten und tapfersten Kerle und die Braut, ziehen mit der Hochzeitsgesellschaft tief in den Wald zu einer heiligen Stätte. Dort erwartete sie der Gode. Alle bildeten einen Kreis um die Opferstätte. Dann nach kurzem Warten, ritt der Bräutigam auf einem stolzen Pferd heran. Im Schlepp hielt er ein ebenso schönes Tier. Wie es Sitte ist, schenkt der Bräutigam seiner Frau das Pferd. Danach schritten sie an die Opferstätte heran. Dort wartete sein Bruder und Brautsprecher. Der Bräutigam musste noch einmal fragen, ob der Verwandte etwas an der Heirat auszusetzen hatte. Dieser verneinte und das Brautgeld wurde ausgezahlt. Dann trat der Gode heran. Er band den Eheleuten die Hände und sprach anschließend Heilige Worte. In seinen Worten bat er die Himmelsrichtungen, denen Tierhüter zugeordnet war um Hilfe, danach lud er die Asen ein an der Zeremonie teilzunehmen. Jetzt sprachen die Eheleute ihr Gelöbnis. Leise und zaghaft und so sanft, wie man es Bulgart nicht zugetraut hätte. Er überreichte ihr den Schlüssel zu seinem Haus und sie ihm das Schwert ihres Vaters, auf dass er seine Familie beschützen möge. Manche Magd lies eine Träne zu Boden fallen, als die Beiden sich küssten. Da die Framier sehr unter Kriegsgewirren gelitten hatten, welche ihnen die Riten und Sagen genommen hatten, war diese erste Hochzeit nach Ewigkeiten wie eine Erlösung und ein Gang zu besseren Zeiten. Wir, die Ylfinge spürten, dass wir die Ehre hatten, an einem Neubeginn dieses Landes teil zu haben. Die Eheleute zerschlugen einen Tontopf, denn dass sollte Glück bringen. Anschließend schwangen sie sich auf ihre Pferde und alle gingen fröhlich, unter den Tönen von Spielleuten, zurück zum Hof. Dort wurde von den Mägden und Knechten ein Festessen aufgetragen, dass sich die Bohlen durchbogen. Gratulationen wurden gesprochen und Geschenke überreicht. Da die Framier alles Glück der Welt brauchen, schenkten wir ihnen, Brot, Salz und feinstes Mehl, damit sie nie hungern müssen. Der Braut ein Kopftuch, um ihr zu zeigen, dass wir sie damit als Ehefrau respektierten und sie keine Magd mehr sei. Dem Bräutigam eine Flasche feinsten Met, um ihn für die Nacht zu stärken. Thore warf der Braut den Thorshammer in den Schoß, auf das viele Kinder kommen mögen. Die Mägde und Knechte wurden mit feinstem Gebäck beschenkt, damit auch sie wissen, dass eine neue gute Zeit vor allen liegt. Andere Gäste schenkten Wurst und Schinken, sogar Pachtland, edle Tropfen und dergleichen mehr. Es wurde ein prächtiges Fest. Bis in die Morgenstunden wurde mit lauter Musik und Tanz gefeiert. Bulgart erlaubte sogar seinen Unfreien Edles zu trinken, so ausgelassen war er und voller Freude die schöne und sanfte Solveig nun sein nennen zu dürfen. Spät in der Nacht zog sich das Brautpaar zurück und nach und nach verfielen alle Gäste dem Schlafe.
Am Morgen in der Frühe, hieß es für uns Ylfinge aufzubrechen. Die Knechte verluden die Zelte und die Kisten und dann hieß es sich zu verabschieden. Solveig und Bulgart schauten uns noch lange nach und winkten. Wir verließen das Land mit dem Gefühl, neue Freunde gefunden zu haben.
verfasst von Olaf Karguson