Die letzten Meter zum Dorf legte ich zu Fuß zurück – der Händler den ich die letzten Tage begleitet hatte, wünschte mir noch alles Gute und setzte dann seinen Weg nach Silvurvik fort. Während ich durch den kleinen Wald hinab zum Tor von Bjanderhavn ging, dachte ich zurück an meine letzten Tage in Husavik.
Erstaunt musste ich ausgesehen haben, als Svala von Amos Schiff hinab stieg und mit ihr Thorhall und seine Knechte aus Hornwall, sowie die Männer Thorwalds aus Ronland. Den folgenden Abend saß ich zusammen mit Thorhall in einer der kleinen Schenken in Husavik und er erzählte mir von den Ereignissen, die auf dem Thing der Hornwaller passiert waren. Zunächst fluchte ich leise über Svalas Besorgnis, die Schuld daran war, dass Thorhall seinen Hof verließ um mir zu helfen, obwohl seit einem Monat keiner der Björns sich hatte mehr Blicken lassen. Doch schließlich musste ich Lächeln, denn war diese Besorgnis nicht Zeichen ihrer Liebe zu mir? Ich bedankte mich für Thorhalls Hilfsangebot und lud ihn dazu ein Gast auf meinen Hof zu sein, solange bis ein Boot von Husavik aus nach Silvurvik oder Bjanderhavn fuhr, damit er mit den anderen Ylfingen zum Thing des großen Heeres fahren könne. Die Männer von Thorwald ließ ich in Husavik zurück und bat sie darum, die Männer dort an den Waffen zu üben. So kehrte ich zusammen mit Svala zurück zu meinem Hof und ließ sie dort zusammen mit Runa in der Obhut von Isegrimm und den anderen zurück.
All das war nun fast zwei Wochen her und ich war nun auf dem Weg nach Bjanderhavn, um dort bei den letzten Tagen an denen Handel getrieben werden konnte, einiges zu erstehen, was wir auf dem Hof nicht selber machen konnten. Ich durchschritt das offene Tor und zu meinem Unmut sah ich keine Wachen. Scheinbar hatte man vergessen, was auf dem Julfest vor einem Jahr geschah. Doch mein Zorn über diese Leichtsinnigkeit verflog schnell, denn Leana kreuzte meinen Weg und begrüßte mich herzlich. Sie erzählte mir, dass viele Händler gekommen seien und als ich sie auf Dagur und das Brautgeld ansprach, lächelte sie verlegen und erzählte mir, dass sie beide bald genug zusammen hätten, damit Dagur sie auszahlen könne. Gemeinsam gingen wir hinab zum großen Langhaus, indem sich die Dorfbewohner stets trafen.
Ich betrat die rauchige Halle und erkannte, dass bereits Hyglak uns seine Hamaheimer angekommen waren. Er umarmte mich kräftig wie immer und erkundigte sich nach meinem Kreuz, welches nach unserem letzten Ringkampf schwer in Mitleidenschaft gezogen worden war. Als ich meinen Blick weiter durch die Halle schweifen ließ, erblickte ich schließlich auch Svölnir, der mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht mich zu sich an die lange Tafel einlud. Während wir Neuigkeiten austauschten füllte sich das Langhaus immer mehr. Männer und Frauen aus dem Heer sah ich und auch einige Menschen von den Westinseln waren gekommen. Aber auch Gorm und Freydis von den Ulfhednar, Ashaver und Erik von den Lendermannen und Logan, welchen ich in Neu Freystadt kennen gelernt hatte, waren gekommen. Ich hatte mich gerade mit einem Barden aus dem Westen namens Ian unterhalten als ein lautes „Erik“ meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Jole, Kjolva, Thorwald und Hagaldir waren angekommen und freudig begrüßte ich auch sie. Jole fragte mich auch sofort nach Svala und ob ich sie zurechtgewiesen hätte. Verschmitzt musste ich zugeben, dass ich es nicht konnte und Jole stimmte mir lächelnd zu, dass man es nicht einfach mit den ronländischen Frauen habe. Wir scherzten noch ein wenig weiter als plötzlich einer der Knechte zu Svölnir gerannt kam und ihm mitteilte, dass Jander nicht auf seinem Hof sei und als Jole berichtete dass sie in einem Sturm geraten seien, machte sich Sorge unter den Ylfingen breit. Doch Svölnir beruhigte die Männer und Frauen und kündigte an sofort beim ersten Tageslicht Reiter die Küste entlang zu senden, um nach Jander zu suchen, sollte dieser vorher nicht mehr auftauchen. Damit waren alle anderen einverstanden und der Abend ging mit viel Gesang und Bier in den nächsten Morgen über und dank dem Gesöff der Ronländer, welches zum Wiegenfest Hagaldirs, rumgereicht wurde, freute sich mein Geist auf das was am nächsten Tage auf mich zukommen möge. Mein Kopf und Magen jedoch weniger.
Das fröhliche Lachen der Kinder und das laute feilschen der Händler weckten mich schließlich und zogen mich aus meinen Träumen. Ich zog mir meine Tunika über und beließ es dabei lediglich ein Sax bei mir zu tragen, da Svölnir mir bereits am Vorabend sein Ehrenwort gegeben hatte, dass er dafür Sorgen würde, dass von nun genug wachsame Männer durch die Straßen gehen würden. So ging ich hinunter zum Markt und beobachte die Händler welche lautstark ihre fremden und heimischen Waren feilboten. Jedoch interessierten mich die meisten Dinge nicht und ich wollte mich gerade auf die Suche nach dem Schmied des Dorfes machen, als Svölnir mich zu sich rief und mir einen mysteriösen Brief zeigte, der angeblich von Ragnvaldr stammte. Da wir beide jedoch nicht lesen konnten, baten wir Hillevi uns vorzulesen, was diese gerne für uns tun wollte. Wenige Augenblicke später saßen die Männer der Ylfinge im großen Langhaus und Hillevi begann uns zu erzählen, was Ragnvaldr geschrieben hatte. An den genauen Wortlaut mag ich mich nicht mehr erinnern, doch waren es beunruhigende Worte, welche Ragnvaldr an Jander geschrieben hatte und ein stiller Fluch an alle Ylfinge zugleich. Wir einigten uns darauf, dass Jander den Brief so schnell wie möglich erhalten solle, auf dass Ragnvald ihn nicht überraschen möge.
Und während wir wieder in alltägliche Gespräche versanken, betrat Mette die Halle gefolgt von einem Abgesandten Skaflocs namens Grimbart. Und gute Kunde war es, die sie mit sich brachte. So erzählte Mette, dass das Schiff von Jander wegen einem Sturm vom Kurs abkam, aber sicher in Silvurvik anlegte, wo Jander sich mit seinem Vater traf, weswegen er nicht zu den Handelstagen anreise könnte. Svölnir atmete erleichtert auf und nachdem Mette Platz genommen hatte, überreichte er ihr den Brief Ragnvalds. Was dann besprochen wurde, weiß ich nicht, denn ich verließ die Halle um auf den Markt zurückzukehren.
Zu meiner Überraschung begannen die meisten Händler bereits ihre Stände abzubauen, scheinbar hatten sie die meisten ihrer Waren schon verkauft. Ich setzte mich also auf einen Baumstumpf und beobachte die Händler bei ihren Bemühungen und die Kinder die zwischen den Erwachsenen herumtollten und spielten. Mein Herz wurde warm bei diesem Anblick und für kurze Zeit konnte ich das, was mich im Norden wieder erwarten würde, vergessen. Ein Hilferuf riss mich aus meiner Träumerei und ein Mann in abgewetzter Kleidung rannte an mir vorbei. Schnell hatte er die Aufmerksamkeit aller auf dem Marktplatz und während er noch krampfhaft nach Luft rang, bat er darum die Völva zu sprechen. Otra trat darauf aus der Menge und fragte ihn nach seinem Anliegen. Er schilderte kurz, dass eine Gruppe Jäger im Wald von einem Bären angefallen wurde und man dringend die Hilfe der Heiler benötigte. Otra ließ sich nicht lange bitten und befahl dem Jäger, sie zu den Verletzten zu bringen. Zwar bat Otra niemanden sie zu begleiten, denn sie ging schnellen Schrittes Richtung Tor ohne mit einem der anderen Ylfingen gesprochen zu haben, trotzdem rannte ich schnell zu meiner Schlafstätte um mein Schild zu holen und ihr notfalls beizustehen, falls der Bär wiederkäme. Mir gleich taten es auch eine handvoll anderer Krieger, unter ihnen auch Erik von den Lendermannen, während Lasse zum großen Langhaus lief, um Mette Bericht zu erstatten. Otra war mit dem Fremden schon aus dem Tor und in dem kleinen Wald verschwunden, als ich sie erreichte. Von weitem sah ich, wie sie sich zu den Verletzten hinunter beugte und mit Schrecken sah ich auch, wie diese sich blitzartig erhoben und Otra in ihre Gewalt brachten. Ich beschleunigte meinen Schritt und brüllte den falschen Jägern einen Fluch entgegen, auf das sie von Otra ablassen sollten, doch zu meinem Unmut taten sie das genaue Gegenteil. Schnell umzingelten wir die Entführer, doch hatte einer bereits ein Messer an Otras Kehle angelegt und drohte sie vor unseren Augen ins Reich der Toten zu schicken. Der Anführer, es war der Kerl der unsere Völva aus dem Dorf gelockt hatte, befahl, dass man ihnen ein Schiff mit Proviant bereit machten sollte oder unsere Völva würde Bjanderhavn nie wieder lebend betreten. Dann zogen sie sich zurück in den Wald. Ich hielt die Männer davon ab, Otra direkt zu folgen, da ich auf Mette und die anderen warten wollte und weil ich wusste, dass unsere Jäger und die Hunde, die Fährte leicht wieder finden würden.
Lang mussten wir nicht auf Mette warten und nachdem ich ihr berichtete was geschehen war, wurde schnell ein Plan gefasst. Während ich mit Teilur und eine handvoll Krieger die Entführer jagen solle, um auszukundschaften mit wem wir es zu tun hatten, sollten die anderen warten und ein Schiff bereit machen, falls es nicht gelang die Entführer zu überwältigen. Außerdem wurde ein Reiter losgeschickt zum Turm, von wo aus die schwere Kette gespannt werden konnte, was das Schiff daran hindern würde den Fjord zu verlassen. Außer mir und Teilur machten sich auch Logan, Kjolva, Hyglak, Lasse und vier weitere auf zur Jagd. Voran eilte Ian, den ich den Abend zuvor kennen gelernt hatte und der sehr fähig darin war auch die kleinsten Spuren zu finden. Doch zunächst fanden wir Spuren eines Kampfes und die Überreste der Entführer. Übel sahen die Leichenteile aus, doch zu unserer Erleichterung fanden wir keine Spur, die darauf deutete das auch Otra verletzt oder gar getötet worden war. Wir folgten dem Weg, den uns die Spuren wiesen als Ian plötzlich stehen blieb und uns anwies ebenso zu verharren. Rasch kehrte er zurück und meldete, dass er glaubte eine handvoll Orken an einem Hang gesichtet zu haben und dass er auch glaubte Otra in ihrer Gewalt gesichtet zu haben. Ich wollte mich mit den anderen beratschlage, was wir tun sollen, um die Orken zu töten ohne das Otra dabei umkäme. Doch Teilur wollte nicht warten und ging schnellen Schrittes den Berg hinauf, festen Willens seine Schwester zurück zu holen. Also wies ich die Hälfte der Männer an die Orken zu umlaufen und von hinten anzugreifen, während der Rest mit mir Teilur folgen sollte. Teilur war nur noch gute 15 Schritte von den Feinden entfernt, während er sie immer wieder anbrüllte und ihnen befahl, Otra freizulassen. Doch statt das zutun, was Teilur von ihnen verlangte, blies einer der Schwarzhäute in ein Horn und dumpfer Trommelschlag antwortete ihm. Dann strömte die Ork Horde über den Hügelkamm.
Schon war das erste Ungetüm bei mir und nur mit großer Mühe gelang es mit den Schlägen des Feindes auszuweichen, da ich nur den Speer zur Verteidigung hatte und dieser zu sperrig für den Nahkampf war. Ich rief den anderen zu, sie sollen durchhalten, denn ich hatte doch die Hoffnung, dass Hyglak mit dem Rest die feindliche Linie hinterlaufen möge, um Otra, die nur noch einen Bewacher in ihrer Nähe hatte, zu befreien. Doch waren die Nornen uns nicht hold, denn als sich unsere Freunde von der Seite näherten wurden sie sofort bemerkt, so dass sich eine Hälfte der Untiere diesen entgegenwarf, während die andere weiter auf uns eindrang. Ich befahl den Rückzug und schickte Ian zurück zum Dorf, um Alarm schlagen zu lassen. Dann stellte ich mich den nächsten zwei Kriegern, die sich mir mit Speer und Axt entgegenstellten und mich dazu zwangen mich nur noch zu verteidigen. Ich erwehrte mich so gut ich konnte, doch landeten sie immer wieder kleinere Treffer und ich spürte meine Kraft immer mehr schwinden. Hilflos musste ich zusehen, wie Teilur und Kjolva niedergerungen wurden und unsere Freunde auf dem Hügelkamm fliehen mussten. Bald blutete ich aus mehren Wunden und mein Blick verschwamm, doch wollte ich nicht so enden und einen der Schwarzfelle mit mir nehmen. Ich vergaß meine Deckung, stach mit letzter Kraft zu und ein grimmiges Lächeln stahl sich auf mein Gesicht als der Todesschrei des aufgespießten Ork in meine Ohren drang. Den Schmerz des Axthiebes, der in meine Seite drang spürte ich kaum noch und als ich zu Boden sank, umschloss mich eine verführerische Dunkelheit, die mir den Hauch von Frieden und Geborgenheit anbot ...
Dann überkam mich die Wärme, die langsam von meinem Herzen ausging, schließlich meinen ganzen Körper umhüllt und dann in einer sengenden Hitze zu enden und mich innerlich aufschreien ließ. Ich öffnete meine Augen, die Orken waren verschwunden, doch konnte ich Kjolva erkennen, die sich ebenfalls bemühte wieder aufzustehen. Während Kjolva langsam auf mich zukam, sah ich an meinem Körper hinab. Meine Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen, doch die Schnitte und Kratzer waren verschwunden, dafür konnten nur Logans unheimliche Kräfte verantwortlich gewesen sein. Und im Stillen fragte ich mich, ob Logan von Loki ausgewählt wurde und wenn ja, zu welchem Zweck. Kriegsrufe rissen mich aus meiner Gedankenwelt und nachdem ich mich mit Kjolva beraten hatte, schlugen wir uns ins Unterholz, um die Orken zu umgehen und um zurück zum Dorf zu gelangen. Zu meiner Erleichterung begegneten wir Hyglak und den Anderen, die sich ebenfalls retten konnten. Jedoch verlosch die Freude schnell als Hyglak mir berichtete, was sie von weitem gesichtet hatten. Ian und Erik hatten es geschafft die Männer im Dorf zu alarmieren, welche angeführt von Mette sofort aufbrachen, um uns zu beizustehen. Doch waren sie zu spät und mussten nun selber gegen die Orks kämpfen. Da wir nicht genug Waffen bei uns hatten, befahl ich den Rückzug ins Dorf, um dort die Verteidigung zu organisieren.
Bjanderhavn war in Aufruhr, nur noch wenige waren im Dorf und diese waren entweder verletzt oder bemüht die Verwundeten zu pflegen. Mette war am Tor und sorgte dafür, dass die kampfbereiten Krieger sich am Tor sammelten. Knapp schilderte sie, dass sich die restlichen Männer rüsteten und aufbrachen um die Orken im Wald zu stellen, als Ian zurückkam. Doch war deren Zahl zu groß und man musste sich zurückziehen. Während unsere Gäste, die tapfer fochten, sich mit Mette zurückzogen, deckten die Ylfing-Männer den Rückzug und fielen unter den Hieben der Orken. Ich bot Mette an, noch einmal durchs Dorf zu gehen und alle zu den Waffen zu rufen. Auf meinem Weg sah ich die Kinder, die noch am Morgen auf dem Marktplatz rumgetollt hatten und sich nun verängstigt an ihre Mütter pressten. Ich befahl ihnen sich in die hintersten Häuser zurückzuziehen, dann nahm ich die letzten wehrfähigen Männer und Frauen und eilte mit ihnen zurück zum Tor.
Als wir wieder eintrafen, war das Tor verschlossen und der Gestank der Schwarzpelze drang in meine Nase. Die Scheusale hatten sich vor dem Tor versammelt und verlangten danach mit einem Führer zu sprechen. Doch verweigerten sie sich Mette, denn sie wollten nicht mit einer Frau handeln und so sollte ich mit dem Führer reden. Der Häuptling trat aus der tobenden Meute heraus und stellte sich vor dem Tor auf. Oft musste ich schon gegen diese Wesen kämpfen und ich wusste, dass sie keinesfalls dumm waren, wie Viele glaubten. Provozierend hob er das Kinn und befahl mir sofort die Tore zu öffnen und uns zu ergeben. Zum Beweis, dass wir keine Chance hätten, zeigte er die gefangenen Ylfinge, die schwer verletzt und nur schlecht verbunden waren. Ich verlangte von ihm zu hören, weshalb er uns angegriffen habe, worauf er nur antwortet, dass wir Diebe seien und ihre „Heilige Waffe“ gestohlen hätten. Ich starrte ihn fassungslos an und drehte mich zu den anderen um. Ich konnte nicht glauben, dass einer unserer Freunde, uns diese Gefahr gebracht hätte und dann feige schwieg. Dann dämmerte es mir. Die Entführer Otras hätten es getan haben können und diesen Angriff provoziert. Nun war ich mir sicher, dass die Björnsippe die Schuld an allem trug. Ich versuchte dem Häuptling zu erklären, dass wir beide reingelegt wurden und dass wir die Waffe nicht besäßen, trotzig schimpfte er mich einen Lügner und gab uns eine letzte Frist die Tore zu öffnen. Da ich keinen Rat mehr wusste, ging ich zurück zu den Anderen, reihte mich in den Schildwall ein und wartete erneut auf mein Schicksal.
Ein leises Pochen, das jedoch stetig lauter wurde, war das Erste was wir hörten und wir wussten, dass der Feind nun dabei war das Tor aufzubrechen. Ich schaute mich noch einmal um und war froh, dass Hyglak und Jole neben mir standen und nicht weit entfernt auch Kjolva sich bereit gemacht hatte, ein letztes Mal zu kämpfen. Kaum hatte Ahasver die letzten ermutigenden Worte gesprochen als wir auch schon hörten, wie er den ersten Pfeil auflegte. Mit einem lauten Donnern wurde das Tor niedergerissen und der erste Ork von Ahasvers Pfeil getötet. Als der Gegner zögerte ins Dorf einzudringen, stürmten wir mit einem wilden Kampfschrei hinaus. Die Überraschung war auf unserer Seite und wir schafften es sogar, die Feinde einige Meter vor uns herzutreiben. Doch schließlich wurde ihnen wieder klar, dass sie uns zahlenmäßig überlegen waren, so stoppten sie unseren Angriff und zwangen uns zurück in die Verteidigung. Hinter mir ertönten die Befehle Mettes, die die anderen Weiber antrieb, die verletzten Kämpfer ins Dorf zu holen und ins hinterste Haus zu bringen, damit sie dort versorgt werden konnten. Viele von uns wurden verletzt und auch ich hatte etliche Verletzungen wegzustecken. Immer wenn einer der Männer zu schwer verletzt wurde, zogen unsere Weiber ihn aus der Reihe und eine der Frauen übernahm seinen Platz. Wahrlich, nie zuvor habe ich unsere Frauen so tapfer und verbissen kämpfen sehen, allen voran Kjolva und Mette. Als der letzte Verletzte hereingebracht werden konnte, zogen wir uns langsam zum Tor zurück, damit die Überlegenheit der Orken keinen Einfluss mehr auf die Schlacht hatte. Doch lange konnten wir dies nicht aushalten, denn den wenigen Verbliebenen schwanden die Kräfte zusehends und es war nur noch eine Frage der Zeit bis wir überrannt würden. Ich merkte wie ich nach hinten gezogen wurde und als ich mich umsah erblickte ich Logan hinter mir, der mir zu verstehen gab, alle Männer vom Tor abzuziehen. Verwirrt trat ich zu Seite und sah mit an, wie Logan alleine auf die Orken zuschritt. Die Untiere wurden verunsichert und statt uns nachzustellen, verharrten sie am Tor und blickten stumm auf den einsamen Krieger. Am Tor blieb er stehen und langsam breitete er die Arme aus. Plötzlich entflammten seine Hände und eine Wand aus Feuer stieg vor ihm empor. Ich spürte die gewaltige Hitze die vom Tor ausging und hörte das erschrockene Quieken der Orken, die anscheinend zu nahe am Tor waren und nun zum Teil im Flammen standen. Wir zogen uns zurück zum Haus, wo die Verwundeten hingebracht worden waren, um ein wenig Luft zu holen.
Erschöpft ließ ich mich auf einen der noch freien Plätze sinken. Mein Blick schweifte durch das hell erleuchtete Haus. Die Mägde und weisen Frauen arbeiteten emsig und versuchten alle verwundeten Männer zu versorgen. Sehr schwer hatte es vor allem Svölnir und Dagur erwischt, beide hatten schwere Wunden vom Kampf getragen und niemand wusste, ob sie den nächsten Morgen erleben würden. Wenn überhaupt jemand von uns die folgende Nacht überleben würde. Schließlich fragte ich in die Runde, ob jemand etwas von einer fremden oder besonderen Waffe wüsste, die vielleicht gefunden worden ist. Langsam hob Gunnleif seinen Oberkörper auf, er hatte neben einem gebrochenen Arm, auch einen tiefen Schnitt erlitten. Er begann zu berichten, dass er und Ian in den Überresten der Entführer ein einfaches Messer gefunden und dieses im Dorf beim Tor hatten liegen lassen. Zornig wollte ich auffahren und Gunnleif noch ein paar blaue Flecken zu seinen restlichen Verletzungen bescheren, doch die Grenze meiner Kräfte war erreicht und so stieß ich lediglich einen Seufzer aus. Ich wollte für einen Moment die Augen schließen und wieder ein wenig zu Atem kommen als Erik ins Haus stürmte und uns meldete, dass die Flammenwand am Tor erloschen sei und die Orken ins Dorf gekommen waren. Ich sammelte meine letzten Kräfte und stand langsam auf. Ich schaute an mir herab und zu meiner Überraschung waren meine schlimmsten Wunde verbunden, ein letztes Mal sah ich mich um, Morgain warf mir einen vielsagenden Blick zu bevor sie sich wieder daran machte die Anderen zu versorgen. Ich schleppte mich zur Türe und als ich ins Freie trat, sah ich die Ungetüme bereits den Weg hinauflaufen. Ich hob beide Hände in die Luft, um zu zeigen, dass ich ohne Waffen war, denn diese hätten nun keinen Zweck mehr gehabt. Zwei Orken senkten ihre Speere, um mich auf Abstand zu halten doch von dieser Drohung unbeeindruckt forderte ich den Häuptling zu sprechen, welcher nach wenigen Augenblicken dann auch erschien. Er begutachtete mich grinsend und überheblich fragte er mich, was ich noch wolle. Ich antwortete ihm, dass wir nun wüssten wo die Waffe wäre und wir gewillt seien, ihm diese zu bringen, wenn er die Leute in dem Haus hinter mir in Ruhe ließ. Der Ork willigte ein und versprach bei der Ehre seiner Ahnen, dass niemandem im Dorf ein weiteres Leid zugefügt werden würde. Also schickte ich Ian los, um die Waffe am Tor zu bergen und zu uns zubringen. Nach kurzer Zeit kehrte er auch zurück und in seinen Händen hielt er ein schlichtes Messer. Der Orkanführer frohlockte beim Anblick der Klinge und entnahm sie Ian ehrfürchtig. Dann gab er das Messer einem der anderen Schwarzpelze und sprach einige Sätze auf orkisch, woraufhin sich die Meute bis auf zweien im Dorf verteilte. Überrascht blickte ich in den Anführer an, hatte ich doch gehofft, dass die Orken sofort wieder abziehen würden und uns in Frieden lassen würden. Doch zu meinem Ärger forderte er mich, Ian und Mette auf mit ihm zusammen in die große Halle zu gehen und dort die Bedingungen unserer Niederlage zu besprechen. Resignierend ließ ich den Kopf sinken und fügte mich dem Wunsch des Orken, denn mir war klar, dass jede andere Reaktion nur dazu geführt hätte, dass die Orken die Wehrlosen erschlagen und das gesamte Dorf niedergebrannt hätten.
Wir setzen uns ums große Feuer und ich begann von der Björnsippe zu berichten, von den Entführern und meiner Vermutung, dass man uns ausspielen wollte. Der Ork lauschte aufmerksam ohne mir ein einziges Mal ins Wort zu fallen. Als ich dann schließlich endete, holte er tief Luft bevor zu seiner Antwort ansetzte. Er gestand mir, dass meine Worte durchaus logisch klangen, aber genauso konnte es auch eine Ausrede sein, um unsere Haut zu retten. Aber wir hatten ihm auch einen guten Kampf geliefert und daher forderte er ein Fest von uns, um ihren Sieg über uns zu feiern. Mette blickte entsetzt auf und auch ich wusste, dass keiner der Ylfinge sich diese Schmähung gefallen lassen würde und lieber den Tod suchen würde. Ich versuchte dem Ork klar zu machen, dass der Überfall bemerkt worden sei, denn die brennenden Häuser waren wahrscheinlich bis nach Silvurvik zu sehen gewesen. Um ihm von seinem Plan abzubringen erzählte ich ihm, dass sicherlich bereits Schiffe mit den Kriegern der Jarls unterwegs seien, gegen die die Orken und keine Chance gegen hätten und daher lieber weiterziehen sollten. Der Anführer überdachte auch diese Worte sehr lange, dann jedoch schüttelte er energisch den Kopf. Er erklärte, dass seinen Männern der Sieg nicht vorgehalten werden könne und es schon schwer genug sei, sie von ihrer Blutgier abzuhalten, jedoch willigte er ein, dass es drei Ehrenkämpfe geben und dabei den Orken Essen und Trinken gereicht werden solle. Ich wusste, dass auch dies eine Schmähung für die vielen Krieger im Dorf sein würde, doch übernahm ich lieber die Verantwortung für die Schmähung als für den Tod der Dörfler. Also willigte ich ein und noch bevor ich etwas sagen konnte, meldeten sich Ian, Ludwig und Hyglak als Freiwillige für die Kämpfe. Der Orkführer verließ das Haus, um seine Männer zusammenzutrommeln und ich trug einem der Knechte auf, alles vorzubereiten und auch die Verletzten im Haus zu benachrichtigen. Dann schloss ich die Augen, um ein wenig Ruhe zu finden.
Die Tür schwang polternd auf und ich schrak aus meinem Schlaf. Lärmend betraten die Orken die Halle. Ich fuhr mit den Händen durch mein Gesicht und beobachtete die Wesen, wie sie sich lautstark an den Tischen breit machten und nach Bier verlangten. Jemand hatte dafür gesorgt, dass die Tische und Bänke an die Seite geräumt wurden, um Platz für die Kämpfe zu machen. Ein kurzer Blick über meinen Körper, zeigte mir, dass ich wieder neu verbunden worden war. Die Ylfinge hatten bereits den Orken gegenüber platzgenommen, unter ihnen waren endlich wieder Otra und Teilur und auch die Ronländer waren bereits in der Halle. Während die Orken sich wie toll benahmen und von dem Gesindel bewirtet wurden, herrschte eine eisige Stille auf der Seite der Ylfinge. Als ich aufstand um mich mit an die Tafel zu setzen, kam ich nicht umhin zu bemerken, dass einige Krieger mir vorwurfsvolle Blicke zuwarfen. Es hatte sich wohl rum gesprochen, dass ich die Kämpfer eines ehrenvollen Todes in der Schlacht beraubt hatte. Ich setzte mich neben Svölnir, der dank Logans Kräften wieder genesen konnte. Embla stellte mir eine Schüssel mit dampfendem Fleisch vor die Nase und schenkte mir das erste Lächeln an diesem Abend, sie war vielleicht in der Halle die Einzige, die wusste wieso ich so entschieden hatte. Die Zeit verstrich und ich bemerkte, dass Mette immer unruhiger wurde, sie wollte, dass die Kämpfe endlich begannen, damit die Scheusale das Weite suchen würden. Schließlich erhob sich der Anführer und erklärte, dass nun gekämpft werden sollte. Wir durften die Waffen wählen und dafür sollte nur gekämpft werden bis der erste Kämpfer zu Boden ging. Ludwig betrat als Erster den Ring und wählte das Sax. Ein breiter Ork war sein Gegner, doch wie ein Wahnsinniger sprang Ludwig seinen Gegner an und ließ einen Hagel von Schlägen auf seinen Gegner niedergehen. Der Ork hatte keine Gelegenheit seine Schläge zu erwidern und geriet ins Wanken. Ein beherzter Tritt Ludwigs und der Ork ging zu Boden. Die Halle tobte und Ludwig drehte sich zu uns, um sich feiern zu lassen. Doch der geschlagene Ork erhob sich wieder und ging erneut auf Ludwig los. Die riesige Faust traf unseren Freund. Er flog in weitem Bogen nach vorne und landete bewusstlos auf dem harten Boden. Die Nordleute standen empört auf und schnell lagen die Hände wieder an den Waffengriffen. Mette wartete keine Sekunde und befahl allen Ylfingen und Gästen die Halle zu verlassen, auf das die Verhöhnungen nicht länger anhielten. Auch die Ronländer standen auf und gingen hinaus. Ich ging als Letzter, um die Ylfinge zur Umkehr zu bewegen, doch Otra war mir zuvorgekommen. Sie redete auf Mette ein, dass man das Dorf nicht im Stich lassen könne, doch Mette blieb hartnäckig und bat Jole sein Schiff klarzumachen. Otra ging zornig zurück ins Haus und als die Anderen sich Richtung Hafen wandten, trat ich auf Svölnir und bat ihn, die Anderen noch ein wenig hinzuhalten bis die Kämpfe vorüber waren, damit das Dorf nicht schutzlos sei. Ich selber wollte nicht gehen, denn schließlich war ich es, der sein Wort gegeben hatte. Svölnir verstand mich und gab mir das Versprechen sein Bestes zu tun. Ich drehte mich um und ging zurück zur Halle. Als ich die Halle wieder betrat lag der breite Ork, der Ludwig angegriffen hatte, erschlagen auf dem Boden. Der Orkführer hatte seinen Mann wegen dem Regelbruch töten lassen. Zeitgleich hatte Hyglak den Faustkampf mit einem anderen Ork begonnen. Noch bevor ich mich wieder gesetzt hatte, hatte Hyglak seinen Feind bezwungen und bewusstlos geschlagen. Auch Ludwig war mit einer Platzwunde am Kopf wieder zu sich gekommen. Ich machte mich daran, seine Wunde notdürftig zu verbinden. Der Letzte Kampf stand bevor und auch Ian wählte den Faustkampf. Sein Ringkampf dauerte länger als der Hyglaks, aber durch einen gezielten Wurf, schaffte es Ian seinen Gegner auf die Bretter zu schicken. Die Halle tobte vor Freude hatten wir Besiegten doch alle drei Kämpfe gewonnen. Ich wollte dem Frieden nicht trauen und behielt meine Freude für mich. Der Orkführer stand schließlich auf und ging zu meinem Tisch, wo ich mich erhob und auf ihn herabschaute. Dann grinste er und lobte unsere tapferen Krieger, er gab mir seine Hand zum Kriegergruß und versprach nun abzuziehen und wieder nach Hause zurückzukehren. Ich schlug ein und bedankte mich dafür, dass er sein Wort hielt. Der Ork nickte ein letztes Mal, dann befahl er seinen Männern den Rückzug und die Meute verließ das Dorf. Schnell suchte ich einen der Knechte und trug ihm auf zum Hafen zu gehen und die Anderen zurückzuholen. Svölnir war der Erste der zurückkehrte und gut gelaunte die Halle betrat. Bald waren auch die Anderen wieder da und die Leute fingen wieder an zu lachen und zu singen. Scheinbar waren die furchtbaren Stunden schnell vergessen, doch leider nicht für mich. Ich verließ erneut die Halle und trat hinaus in die stille Nacht. Ein letztes Mal ging ich durch das Dorf und betrachtete die Schäden, die angerichtet worden waren. Das Tor war komplett zerstört und zwei Häuser waren niedergebrannt. Aber Alle waren am Leben geblieben. Ich lehnte mich an eine alte Eiche und schloss die Augen. Mir war nicht entgangen, dass ich Mettes Befehl ignoriert hatte und auch die wütenden Blicke von Kjolva und Dagur waren mir im Gedächtnis geblieben, es fiel ihnen doch besonders schwer nicht im Kampf gefallen zu sein. Plötzlich durchbrach das laute Schreien eines kleinen Kindes die Nacht. Ich öffnete die Augen und als ich die leisen Beruhigungen der Mutter vernahm, wusste ich, dass es sich nur um einen Alptraum handeln musste. Ich lächelte und wusste, dass ich alles richtig gemacht hatte, egal was die Anderen nun von mir hielten, denn ich war mit mir selbst im Reinen. Ich ging zu meinem Bett und legte mich endlich zur Ruhe.